
Abendkurs

Lebe deinen Traum
Manchmal ist ein Neuanfang nicht so einfach: Viele stehen seit Jahren mit beiden Beinen fest im Berufsleben. Doch die Sehnsucht nach einer Tätigkeit mit mehr Sinn wächst.
Andere wollten eigentlich schon immer am liebsten Lehrer, vielleicht sogar Waldorflehrer sein. Neuanfänge sind gerade in unserer Gesellschaft mit stetig steigender Lebenserwartung keine Seltenheit mehr. Und das ist gut so.
Sybille Friesen lebt in Lübeck. Ihre Tochter war sechs Jahre alt, als sie sich vor drei Jahren für das Studium zur Waldorflehrerin entschied. „Da war klar, dass ich nicht täglich um 8 Uhr in Hamburg sein kann.“ Für alle, die keinen radikalen Um- oder Ausstieg hinlegen können, ist das berufsbegleitende Studium zum Waldorflehrer eine gute Option. Es bietet nicht nur die Möglichkeit, im Job zu bleiben, sondern auch Flexibilität. „Um den BBS kann man sein Leben sozusagen herumstricken“, sagt Sybille Friesen. Für sie war das berufsbegleitende Studium genau die richtige Lösung.
Jeden Dienstagabend kommen die Studierenden ins Seminar. Und zusätzlich an einem Wochenende pro Monat. „Der Kurs ist ein Kaleidoskop der Begegnungen,“ schwärmt Sybille Friesen. „Dass viele unterschiedliche Menschen dabei sind, macht es so spannend. Physiker, Architekten, Bauingenieure, teilweise angeregt durch die Erfahrungen ihrer Kinder an Waldorfschulen.“
Der berufsbegleitende Kurs ist aber auch für angehende oder schon an Waldorfschulen aktive Lehrer interessant. Manchmal seien auch Lehrer dabei, die an staatlichen Schulen tätig sind und die Ausbildung als persönliche Erweiterung ihres Lehrerseins suchten, erzählt Jürgen Lohmann, Dozent am Seminar. Auch für Studenten der Uni ist das berufsbegleitende Studium interessant. „Wenn Sie parallel zum Hochschulstudium den Abendkurs belegen, können Sie direkt nach ihrem Abschluss als Waldorflehrer arbeiten“, betont der Dozent. „Dieser Personenkreis nimmt aber ab, weil der Bologna-Druck es oft nicht zulässt, parallel etwas Anderes zu machen“.
Generell ist so ein Studium eine nicht zu unterschätzende Doppelbelastung. Wer berufsbegleitend studiert, benötigt einen langen Atem: Während Studierende im Vollzeitkurs bereits nach 12 Monaten in das Schulpraktische Jahr starten, beginnt die Praxiszeit im Abendstudium erst nach drei Jahren. Der Abschluss bleibt der Gleiche. Und auch inhaltlich seien Tages- und Abendkurs gleichwertig, erklärt Jürgen Lohmann.In Bezug auf die beruflichen Lebensläufe und die akademischen Voraussetzungen sieht der Dozent ebenfalls keine Unterschiede. „Da unsere berufsbegleitenden Studierenden meist voll im Alltag eingespannt sind, können sie Themen allerdings häufig von Dienstag zu Dienstag nicht nach- oder weiterbearbeiten“, so Lohmann. Die inhaltliche Auseinandersetzung findet daher in den Präsenzstunden statt.
Ein berufsbegleitendes Studium bringt aber auch einige Vorteile mit sich: Es gibt in der Regel keinerlei finanzielle Einbußen durch Stundenreduzierung im derzeitigen Job. Ein Studium zum Waldorflehrer eröffnet einen anderen Blick auf Themen und Herausforderungen. Das hat auch Sybille Friesen an der längeren Studienzeit gefallen. „Die drei Jahre haben mir die Möglichkeit gegeben, immer mal wieder innezuhalten und zu reflektieren.”
Der wöchentliche Aufwand bleibt überschaubar: Jeden Dienstag von 17.00 bis 21.30 Uhr im Seminar. Dazu gibt es pro Monat ein Intensivwochenende: Freitag von 17.00 bis 21.30 Uhr und Samstag von 9.00 bis 17.30 Uhr. An den Wochenenden steht jeweils eine bestimmte Thematik im Vordergrund. Eingebunden in das Seminarleben habe sie sich dennoch gefühlt, sagt Sybille Friesen. „Schließlich saßen wir in den Fachdidaktik-Kursen mit den Studierenden des Tages- und Halbtageskurses zusammen.”
Als Aufbaustudium schließt sich nach drei Jahren – je nach Studienziel – dann ein schulpraktisches Jahr an. Sybille Friesen absolviert gerade ihr schulpraktisches Jahr an der Waldorfschule in Lübeck. “Perfekt”, strahlt sie. Die drei Jahre am Seminar sind für sie wie im Flug vergangen. „Am Anfang stehst Du davor und denkst: Drei Jahre, eine ewig lange Zeit und am Ende sagt man, wie schnell ist es vorübergegangen.“
