
Theaterprojekt 2021

Überraschend und beglückend
„Theater! Theater? …….das zu dieser Zeit?“ Ja, wir haben es gewagt, ein Theaterprojekt auch dieses Jahr durchzuführen!! Die Kunst als Motor für die Zukunft zu begreifen, war das Anliegen. Der innere Drang, ein Theaterprojekt zu realisieren, in welcher Form auch immer, war für jeden und jede von uns spürbar.
Das unausgesprochene Ziel: Sich in einen schöpferischen Prozess über mehrere Wochen zu begeben, um menschlich-schöpferische Substanz, Nähe-Nahrung zu schaffen, neben der Ödnis der Kontaktvermeidung. „Aufbruch“ war das Schlüsselwort, das Eingangstor in diesen Prozess.
Jede/r Studierende schuf sich mit Hilfe verschiedener Mittel des kreativen Schreibens einen persönlichen Zugang. Ein weites Feld tat sich auf: eine Fülle von Themen, Aspekten, Wegen, Hindernissen eröffneten sich. Fünf Themen schälten sich schließlich heraus.
Idealismus-Zerschlagen-Abschied-Liebe-Mut
Dann ging es los: Zwei Onlinegruppen und drei Präsenzgruppen vor Ort im Seminar (unter den geltenden Hygienevorschriften selbstverständlich!) wurden tätig. Ohne Netz und Seile, also ohne eine in den Vorjahren übliche Textvorlage, startete die kreatürliche Phase der Stoff- und Ideensammlung in den einzelnen Gruppen, in „Breakout-Rooms“ (hinter verschlossenen Türen). Es entwickelten sich intim-interne Prozesse, in denen sich mit hoher Disziplin und großem Engagement die Spurensuche vollzog.
Die Vorgehensweisen waren so unterschiedlich wie die Themen selbst. Hier wurden Lieder angehört, Gedichte, Texte gelesen und gesammelt, andere arbeiteten an den Figuren, die auftreten sollten, wiederum andere stürzten sich auf die Handlung und den Plot. Ernste Gespräche über die Zeitlage und die Auseinandersetzung mit literarischen Texten von Borchert und Tempest prägten ebenso den Einstieg wie das Zoom Meeting mit dem Fokus auf dem Format selbst als handlungsgebenden Rahmen.
Gelungenes Wagnis in ungewöhnlichen Zeiten
Was sich im Prozess durch immensen Einsatz, Eigenständigkeit, Kreativität und Realisierungswillen am Ende zeigte, war überraschend und beglückend für alle:
• Die Idealismus-Gruppe thematisiert Gier und Egoismus als Antrieb für den Fortschritt versus Natur- und Waldschützertum, auch ein Whistleblower hatte seine Hand im Spiel…….
• Kate Tempests aufrüttelnde Texte bilden den Kern der Zerschlagen Inszenierung: Drei Businessfrauen; eine im Scherbenhaufen lebende Jugendliche; der abgeschlagene Vater; ein Fernsehsprecher, der den täglichen Horrormeldungen nicht mehr gewachsen ist. Zerschlagen als reinigendes Momentum!
• Der eigenen inneren Stimme folgen, trotz Verlust und Schmerz, ist das Motiv von Abschied. Durch Zweifel gelähmt, entsteht ein Verharren auf der Schwelle, auf dem Bahnhof. In diesem Zwischenraum zeigen und öffnen sich unvermittelt andere Menschenschicksale.
• Mit Musik und Lyrik gewürzt entfaltet sich der von sich wandelnden Formen der Liebe durchzogene Kreislauf des Lebens. Beginnend mit Mutterliebe, der Naturliebe, erotischer Liebe, Selbstliebe, spiritueller Liebe etc.
• Ein Online-Coaching: Fünf Personen auf der Suche nach dem Erfassen dessen was Mut eigentlich ist. Unterschiedlicher könnten die Menschen nicht sein, aber sie finden doch einiges heraus, leichtgängig, auf launige Art und mit Ironie gespickt, mit dem Zoomformat kreativ arbeitend…..
Die drei Theaterpräsentationen wurden professionell aufgezeichnet und zusammen mit den Zoom-Aufführungen für geladene Gäste online gestellt. Ein gelungenes Wagnis in ungewöhnlicher Zeit!
Unsere kranken Herzen kranken an dem Abstand, den wir halten.
Kate Tempest
Aus dem Programmheft
„Theater! Theater?
…….das zu dieser Zeit?
Wir machen es trotzdem oder gerade deswegen.
Ungewöhnliches in einer außergewöhnlichen Zeit.
Wir zeigen Mut zur Liebe und zum Idealismus, wir zeigen den Aufbruch im Abschied und die Notwendigkeit des Zerschlagens, um mutig zu sein. Wir zeigen die Facetten.
Theater! Theater, also!
Weil es eben die Kunst ist, die uns den Spiegel vorhält und die Seele nährt. Die rausgerissen aus der realen Welt die reale Welt abbildet und ein Licht in der Finsternis entzündet. Folgen sie uns in das Dunkle, das deswegen dunkel sein muss, um das Helle ins richtige Licht rücken zu können.“
Roswitha Meyer-Wahl
Sprachgestaltung, Grundlagen des Erzählens, Charakterisierens, Darstellens, Durchführung des Theater-Kunstprojekts